Wie das Gymnasium den Wahnsinn des Holocaust begreifbar machen will
Das war ein regelrechter Almauftrieb am Montagmittag: Scharenweise bevölkerten plötzlich Kinder und Jugendliche den Edgar-Deichmann-Park und noch ein paar andere öffentliche Plätze im Stadtgebiet, befestigten Wimpelketten mit Schlagworten und kurzen erklärenden Texten. Sichtbares Zeichen einer Projektwoche am Gymnasium, die zum Holocaust-Gedenktag am Montag ihren Abschuss fand.
Die gesamte Schule mit Ausnahme des aktuellen Abi-Jahrgangs war darin involviert. „Zeit, um Stellung zu beziehen“ lautete das jahrgangsübergreifende Motto. Und zu verstehen ist das im Zusammenhang mit den Schlagworten „Schule ohne Rassismus“ uns „Schule mit Courage“. Das sind zwei Kampagnen, in deren Rahmen die Schule in der Vergangenheit ausgezeichnet worden ist. Die Plaketten dafür prangen über dem Eingang zum Schulhof. Zwei Auszeichnungen, die mit diesem Projekt jetzt wieder mit neuem Leben gefüllt werden sollten.
„Das Thema war nicht nur Holocaust“, erklärt Schulleiter Knut Wessel. „Thema war: Couragiertes Zusammenleben“, und er ergänzt: „Minderheiten wahrzunehmen und zu schützen.“ Und die Umsetzung sei auf sehr unterschiedliche Weise erfolgt, abhängig vom Alter der Schüler. Das fängt an beim Wahrnehmen von Menschen aus anderen Kulturkreisen und dem Blick auf ihre Lebenswelten, geht weiter über Literatur gegen Rassismus und mit dem Umgang mit Statistiken sowie mit der Recherche über die Reichsbürgerszene und Verschwörungstheorien und endet bei Untersuchungen über die Opfer des Nationalsozialismus. Das beinhaltet aber auch Themen wie Gleichberechtigung und Frauenhass oder die politische Radikalisierung durch Algorithmen auf Kurzvideoplattformen sowie ein Theaterstück gegen Mobbing.
Den Rahmen hat die Schule ganz bewusst so weit gesteckt. Denn: „Das, was im Holocaust pervertiert ist, hat irgendwann auch einmal klein angefangen“, sagt Knut Wessel. Und außerdem: „Für die Schüler ist der Holocaust nur ein Geschichts㈠ereignis, das in ihrem Alltag nicht vorkommt. Und wir müssen es in ihr Bewusstsein holen.“
[Bei diesem Text handelt es sich um einen Beitrag der Kreiszeitung. Text und Bild stammen von Michael Walter. Quelle: https://www.kreiszeitung.de/lokales/diepholz/syke-ort44535/vom-umgang-mit-dem-grauen-wie-das-gymnasium-syke-den-wahnsinn-des-holocaust-begreifbar-machen-will-93538338.html]